Lupinen

 

3 Fotos von heute vormittag bei Königshorst. Dazu ein Gedicht von Eva Strittmatter, gefunden auf der vagen Suche nach irgendeinem Text zu „Lupinen“, in dem es nicht um Ackerbau und Nutzpflanzen geht. „Sehnsuchtsfarbe“ ist einWort zum Verlieben: ich mag solche überraschenden Fundstücke, genau wie ich früher als Kind es liebte, beim Spielen irgendwo buntes Glas oder Porzellanscherben mit Goldrand und kleinen Blümchen darauf zu finden; wegen des Anrührens an diese fast vergessenen Emotionen:

Lupinenblau – so war doch was
In meiner Kindheit. War es Glas?
Was war so blaß wie die Lupinen,
Die sich wie wild dem Licht zudrehn,
Wie blaue Flammen, die nicht brennen
Und doch so überschnell vergehn?
Glas war es, Steine, Glitzerkram,
Weiß nicht mehr, wie er an mich kam,
Weiß nur noch dieses bleiche Blau,
Die Sehnsuchtsfarbe. Morgentau
Im leichten Himmelslicht erstarrt,
Und ein Gefühl von solcher Art:
Glückstropfen, in der Faust zerpreßt,
Verloren. Doch es blieb ein Rest
Der Sehnsuchtsfarbe Lerchenblau.
Lupinen brennen unterm Tau.

Eva Strittmatter

 
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21 Gedanken zu “Lupinen

  1. Das ist wirklich ein wunderschönes Gedicht… …es rührt wirklich an. Was hat man alles gefunden… …kleine Schätze… …meine Mutter meckerte immer, was ich mit all den doofe Scherben will… …oder Steinen… oder oder oder… …oder getrockneten Blüten… 🙂 Sehnsuchtsmomente… 🙂

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    • Siehst du, du auch! Gegenüber von dem Haus, in dem wir wohnten, als ich gerade zur Schule kam, waren alte Gärten – ich weiß nicht weshalb da so viele Geschirr-Scherben zu finden waren, aber zusammen mit den leeren Schneckenhäuschen und durchsichtigen Baumharzklümpchen vom Kirschbaum war das herrlich. 🙂

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      • Ja, manchmal verdrängt man so etwas… …ich mag auch heute noch Steine. Und ich war total traurig und auch sauer, als meine Mutter (ich war schon über 20 und wohnte nicht mehr zu Hause) meine Steinesammlung weggeschmissen hat. Es waren zwei Eimer voll… …natürlich nur die Schönsten 😀 -ich habe heute noch eine kleine versteinerte Muschel, die ich auf dem Campingplatz in Rethem genau auf dem Weg vor unserem Stellplatz fand. Auch ein paar Steine, die ich aus Urlauben mitgebracht habe… 🙂 – Manchmal sind solche Kindheitserinnerungen vergraben und brauchen nur einen kleinen Anstoß, wie diese Lupinen und das Gedicht, dann kann man in ihnen schwelgen und sich an sein inneres Kind erinnern… …statt arbeiten würde ich lieber ans Meer fahren, zum Steine sammeln… 🙂 (trotz Regen)

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    • Wirklich? ein Grund mehr, danach zu suchen. Kann ich nur aus eigenem Erleben empfehlen. Es erklärt einem vieles. Leider erscheinen die Erinnerungn an Dinge, die einem die ärgsten Probleme bereiten, am spätesten und am vernebelsten – da sind zuviele Tabus davorgeschoben.

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      • Glaube, ich suche gerade schon genug in der Gegenwart – wenn ich jetzt auch noch in der fernen Vergangenheit kramen würde, würd ich wahrscheinlich völlig irre werden.

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            • Ist schon klar – die Angst vor Verlusten ist berechtigt, und solange man nicht weiß, wieviel man damit gewinnt, beschützt man, was man hat. Das ist eine mögliche Erklärung dafür, weshalb Lösungen so lange auf sich warten lassen.

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  2. …passt ja wieder…
    Übrigens…hier im Miniwald hat wohl einer vor langer zeit seine Fliesen entsorgt, bzw. wurden sie auf den Sandweg gestreut zur Befestigung (kein Witz!). Markstück- und Heiermanngröße schon abgeschliffen…und mit Motiven aus Anno knusper..Habe dann die schönsten in meine Jackentaschen gestopft…mein Pitmann denkt bestimmt, ich hab sie nicht alle…kicher.
    Ich lichte die nachher mal ab.

    Ab und zu muss man in der Vergangenheit wühlen…auch wenn man irre oder traurig wird. Es ist wichtig. Und gegen plötzliche Impulse, wie auch Lupinen odersonstwas, kann man sich sowieso nicht wehren.

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    • Die Scherben an überraschenden Orten kenn ich auch, auf dem Lande verkommt nichts, was man nicht noch zu irgendetwas verwenden könnte, und sei es nur, schlammige Löcher aufzufüllen.
      Der Schutt von alten Gebäuden, mit dem man Unebenheiten auf dem Weg füllt, paßt überhaupt sehr gut:

      Es ist wichtig, in der Vergangenheit zu graben, auch mal Löcher im Weg aufzureissen, anstatt darüber wegzugehen, aber ich verstehe, daß jemandem auch all diese Dinge zu erhalten wichtig sind, an die man besser nicht rührt, und weshalb man sich nicht an „Unpassendes“ erinnert; das meinte ich mit den Tabus, die wie vielfache Ketten mit diversen Vorhängeschlössern um die Vergangenheiten geschlungen sind. Es gibt nicht nur eine Vergangenheit, es gibt ja mehrere. Die Beschwörung der gemeinsamen Familienvergangenheit ist die stärkste, die individuelle, eigenste, für die es keine bestätigenden Zeugen zu geben scheint, ist die schwächste und ausgerechnet diese beiden beeinflussen im Wechselspiel all unser Tun und Lassen, unsere Ängste, unsere Liebe, unser Besitzdenken, unser Streben und Versagen und unseren Sex; nicht das sonstige, spätere Lernen – nur das.

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  3. Ja, gerade die “ Geheimnisse“, die unvollkommenen Begebenheiten…die unausgesprochenen, alleine zusammengereimten Vergangenheiten sind sehr stark. Sie sind eben nicht geklärt..oder unverständlich.
    Und sie beeinflussen…ob negativ oder positiv…man lebt unbewusst danach.

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    • Einen wichtigen Schritt hat man wahrscheinlich bereits vollzogen, sobald man beginnt, an einer eigenen Version herumzuraten. Ich bin zu trotzig, um nach irgendetwas Ungeklärtem unbewußt leben zu wollen.

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  4. Ich habe als Kind nicht so viel aufgesammelt, aber mir entlang von Straßen – z. B. auf dem Schul(rück)weg – Staaten und Landschaften ausgemalt: wo z. B. an/auf Bürgersteigen viel Moos wuchs, waren bewaldete Länder mit Siedlungen, auf den „kahlen“ Asphaltfahrbahnen war Wüste. In Bordsteinen oder Schlaglöchern sah ich Gebirgsränder oder Hügellandschaften 😉

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