An der Plaça de Catalunya (Teil 1)

So sah es aus, nachdem ich von der Promenade der Ramblas heraus gekommen und nach rechts gegangen war. Wo das ‚Hardrock Café‘ auf der Ecke zur Carrer de Rivadeneyra liegt, findet sich der Standpunkt für dieses Foto:

2015-04-10 Barcelona IMG_1993 an der Plaza de Catalunya

Im Haus mit der Uhr auf dem Dach der abgeschrägten Ecke – diese typischen Ecken werden Chaflanes oder Ochavas genannt- ist derzeit die BBVA Banco Bilbao Vizcaya Argentaria zuhause, vorher Banco de Bilbao. Die Uhr gab es in den fünfziger Jahren noch nicht darauf.
Das treppenförmige Monumento a Francesc Macià, das man vor dem Hintergrund des großen Gebäudes der Banco Español de Crédito (ebenfalls mit Turm) und der Casa Pich i Pon (mit Türmchen) sieht, wurde vom Künstler Josep Maria Subirachs i Sitjar geschaffen und 1991 zu Ehren von Francesc Macià i Llussà errichtet, dem im zwanzigsten Jahrhundert 1. Präsidenten der Generalitat de Catalunya, in einer zwischenzeitlich vom Franco-Regime unterbrochenen jahrhundertelangen Folge von Präsidenten der katalanischen Autonomen Selbstverwaltung. Ich empfinde sie zwar an ihrem Standplatz als eines der hässlichsten unter den modernen Groß-Monumenten in Barcelona, verstehe aber Botschaft und Wichtigkeit und darum auch den Platz dafür.

2015-04-10 Barcelona IMG_1999 Avinguda Portal de l'ÀngelMeine Hauptrichtung für diesen Tag war, über die Plaça de Catalunya zur Baustelle der Gaudì-Kathedralenbaustelle Sagrada Familia zu laufen. Dafür hätte es streng genommen genügt, am unteren Rand dieses Verkehrsknotenpunktes nach rechts entlang zu gehen und dann schräg über die Plaça Tetuan in nordöstlicher Richtung, aber dann hätte ich vom Platz kaum mehr gesehen als auf dem oberen Foto, und dazu war ich zu neugierig. Darum bog ich an der Ecke der Banco de España – genau wie diese offensichtlich gerade angekommenen Touristen – noch einmal in die Avinguda del Portal de l’Àngel.
Im Vergleich zur den Ramblas war es in dieser Straße noch beinahe ruhig, obwohl es in dieser Einkaufsstrasse zu einer späteren Tageszeit sicherlich brummt.

Auf dem ersten Detailbild links unten sieht man den Eingang der Casa Jorba. Das Haus wurde vom Architekten Arnald Calvet i Peyronill entworfen und auch wenn ich wegen des verspielten Aussehens angenommen hatte, es sei älter, wurde das Kaufhaus Jorba doch erst 1926 eröffnet, war lt. Wikipedia damals aber mit Rolltreppen und Kinderbetreuung das modernste Kaufhaus in ganz Spanien. Seit 1995 gehört es der Kaufhauskette El Corte Inglés, die eines ihrer Nebenhäuser darin hat. Als ich selbst davor stand, fand ich Licht und Dekoration der Schaufenster ungünstig, darum klickt bei Interesse an der Fassade den Wikipedia-Eintrag zur> Casa Jorba an.

Der eiserne Brunnen in der Avinguda del Portal de l’Àngel (rechtes Bild) ähnelt dem der berühmten Fuente de Canaletes; es soll in Barcelona an 17 verschiedenen Stellen Varianten des Modells geben, mit und ohne Licht. Das aber nur, um einer Brunnen-Verwirrung entgegenzuwirken.
An dieser Stelle machte ich wieder kehrt, um mich nicht wegen meiner Neugier, was hinter der nächsten Straßenecke noch kommt, zu verzetteln und machte mich daran, die Plaça de Catalunya noch einmal genauer anzusehen.

Die Bebauungsgeschichte des Geländes, auf dem der spätere, etwa 5 Hektar große Platz gestaltet wurde, ist älter als dessen heutige Form, den Grundstein zum ersten Haus der Bebauung nach Plan legte aber Königin Isabella II im Jahre 1860, nach dem Niederreissen der Stadtmauern und der Entscheidung für das rechtwinklige Straßennetz, das dem Vorschlag der Sternform vorgezogen wurde. Man sollte sich nicht vorstellen, „da draussen“ sei bis zum Abriss der Mauern alles unbebaut gewesen, aber gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann man damit, schlicht jeden Grundbesitz zu enteignen, auf dem sich heute der Platz befindet; davon betroffen waren auch Cafés, Theater und Ausstellungsgebäude. Anschließend wurde von 1902 bis 1929 (zur Weltausstellung) nach Plänen des Architekten Francesc Nebot i Torrens der Platz gestaltet und am 2. November 1927 von König Alfonso XIII. eingeweiht (Verkehrsknotenpunkt war der Platz schon zuvor: die U-Bahn-Station gibt es dort schon seit 1924) mit allem, was zu einem solchen wichtigen Platz gehört: Grün- und Pflasterflächen, Bäume, Bänke, strukturgebende steinerne Anlagen mit Treppen und Skulpturen, Brunnen …

… und jede Menge Tauben, die in den Brunnen trinken und baden und auf dem großflächig hellgrau, blaugrau und rotbraun gemusterten Pflaster den dort spazieren gehenden Leuten um die Füße laufen. Das Bild ist bunt und unterhaltsam, ich könnte wahrscheinlich ohne Langeweile mehrere Tage auf diesem Platz immer rundherum sitzen wie auf einer Insel, den Menschen zuzusehen und über das Beobachtete phantasieren.

Ach ja, bevor ich weiterschreibe: die Fotos im Artikel zum Vergrößern bitte anklicken!

Rund um den Platz stehen großtenteils modernistische Gebäude von der Größe entsprechender Wichtigkeit, mehrere große Bankhäuser. Das Rindvieh aus Bronzeguss steht auf dem Foto mit der Nase zur Casa Pich i Pon gewandt, mit seinem Hinterteil zur Banco Español de Crédito, was in keinem Zusammenhang zum Bankwesen steht, sondern Perspektive und Zufall zu verdanken ist. Es stellt auch keine Melkszene dar, sondern eine Allegorie der katalanischen Provinz Girona; insgesamt sind es vier: Barcelona, Girona, Lleidda und Tarragona – auch die anderen haben ihr Monument auf der Plaça de Catalunya, aber ich habe nur diese fotografiert. Antoni Parera i Saurina hat es 1928 geschaffen, bei Gabriel Bechini in Barcelona wurde es gegossen. Mehr Informationen über die zahlreichen Skulpturen dort gibt es > hier, dort ist jede einzelne Figur genauestens beschrieben, auch der „Taubenmann“ weiter oben.

Unterhalb des „Rindviehs“ führt einer der Hauptwege über die Plaça de Catalunya schräg hinüber zur Straßenkreuzung, wo sich der von den Altstadt-Ramblas und der Carrer de Pelai kommende Verkehr mit dem aus der Ronda de la Universitat und dem aus der Rambla de Catalunya kommenden vereint und außerdem auf die Vereinigungen aus Passeig de Gràcia, Ronda de Sant Pere, Carrer de Fontanella, sowie der Avinguda Portal de l’Àngel trifft. Kein Wunder, dass man bereits schon zu Beginn des 20. Jhs. diesen Platz so ausgeklügelt geplant hat, obwohl man die Verkehrsentwicklung wohl kaum in dem Masse vorhersehen konnte!
Um die Verwirrung verträglich zu halten, mache ich an dieser Stelle einen Schnitt und beginne einen zweiten Teil für die Fotos von der oberen Seite des Platzes. – Bis hierher sind die Fotos vom Vormittag des 10. April 2015, um elf Uhr herum aufgenommen. Zur Orientierung > Google Maps

9 Gedanken zu “An der Plaça de Catalunya (Teil 1)

  1. Der Platz ist ja wirklich ein kleines innerstädtisches Universum! Unglaublich, was da alles an Bau- und Kunstwerken, Verkehr und natürlich Menschen versammelt ist …
    Liegt er eigentlich schon (ganz) innerhalb der früheren Stadtbefestigung?

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