Der Luftballonverkäufer hatte keine guten Einnahmen, denn es gab auch Ballons von einer Wahlkampf-Veranstaltung, die am Samstag, dem 11. April auf dem Platz vor der großen Kaskade abgehalten wurde.
Die Ballons waren alle gleich, rund und gelb, aber gratis: die Esquerra Republicana de Catalunya (ERC), die Republikanische Linke Kataloniens, katalanische Regionalpartei „links der Mitte“, verteilte die Ballons zusammen mit gelben Nelken. Letztere sollten, wie der Redner auf dem Podium erklärte, ebenso als Symbole der Freiheit (für Katalonien) verstanden werden, wie 1974 die roten Nelken der ‚Nelkenrevolution‘ in Portugal. Die Menge der Zuhörer war überschaubar und nicht jeder der Anwesenden am Podiumsgeschehen interessiert, so mancher stand nur dabei, weil la Gran Cascada, die monumentale Kombination von Wasserfällen mit Fontänen und Skulpturen, die Hauptattraktion des Parks, von dort am besten zu fotografieren war. Trotz engagierter Reden über den Kampf für die Freiheit Kataloniens und gegen Korruption und soziale Ungerechtigkeit waren der schöne Platz und die warme Mittagssonne einfach zu entspannend für Agitation.
Fotos vom Mittag des 11. April 2015, Parc de la Ciutadella, Barcelona.
Ist die ERC (tendenziell) separatistisch oder eher (gesamt-)republikanisch eingestellt?
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Separatistisch-prokatalanisch, also mehr als nur Freistaaterei, da es momentan gültige Staatsgrenzen übergreifen und auch Teile der französischen Pyrenäen mit einbeziehen würde.
Lt. Wikipedia wird es so umrissen, dass die ERC für ein von Spanien unabhängiges Katalonien eintritt, das neben der Autonomen Region Katalonien auch die Region Valencia, die Balearen, Teile von Aragonien (Franja de Aragón) und das in Südfrankreich gelegene Nordkatalonien umfasst.
Ich habe aber den Eindruck, das sei die Utopie, die hinter der realen regionalen Arbeit eher verschwindet, denn bei der Wahlkampfrede war dieses Extrem kein Thema.
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Nach den (theoretischen) Gebietsansprüchen ist die Partei also irgendwie schon extrem(istisch), aber sonst eher realpolitisch. Sie scheint also – zum Glück – weit entfernt zu sein von der baskischen ETA o. ä. …
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Sie handelt jedenfalls ausschließlich im parlamentarischen Rahmen. Die Vorstellungen des unabhängigen großen Katalonien gehen auf das alte Königreich Aragon zurück, von dem im Pyrenäenfrieden das Roussillon an Frankreich ging und an den Verlust der Autonomie, die zwar durch die „Heirat der Kronen“ von Aragón und Kastilien nicht völlig verloren gegangen war, die aber nach dem Tod Karls II. der Erbfolgekrieg vorläufig ganz und gar zunichte machte… usw…. also: die gesetzlichen Verankerungen katalanischer Selbstverwaltung sind älter, und die Wiedereingliederung verlorener Gebiete eher eine Art sentimentaler Tradition.
Hätte man im Nachkriegsdeutschland den Vertriebenenverbände die Gründung einer Partei ermöglicht, hätte sich vielleicht eine ähnliche Grundhaltung entwickelt, nur ganz und gar ohne real-regionale Basis.
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Wer hätte das vor zwei Jahren gedacht, dass ein solches Häuflein eine solche Welle verursachen kann?
Meine Beobachtungen damals passen zu den aktuellen Beobachtungen, dass an dem achso mehrheitlich ausgefallenen Referendum zur Unabhängigkeit Kataloniens ja fast nur teilgenommen haben, die dafür waren. (Wikipedia: Wahlbeteiligung von 42,3 % sowie eine Zustimmung von rund 90 % der Wähler zu einer Unabhängigkeit)
Ein erschreckendes Beispiel, wie auch hierzulande bei schlechter Wahlbeteiligung eine ausreichende Mehrheit für etwas doch eigentlich gar nicht von allen Erwünschtes zustande kommen kann.
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