Nach dem „S“-förmigen Weg durch die Biezekapelstraat vom Beitragt zuvor gelangte ich auf eine Kreuzung, wo es geradeaus zum Zandberg ging, die östliche Richtung nach rechts den Nederpolder hinunter, nach links und nach Nordwesten gewandt heisst die Strasse Hoogpoort, Die Hoogpoort führt letztendlich zum Groentenmarkt bzw. Richtung Gravensteen. Auch hier gab es die für das Stadtbild von Gent so typischen Treppengiebel:
Die beiden Giebel aus Kalksandstein gehören zur Vorderseite des fast siebenhundert Jahre alten Hofes der Achtersikkel in der Biezekapelstraat, jeder hat seinen eigenen Hausnamen: De groote (oder) witte Moor bzw. De zwarte Moor. Nach Umwandlung zum Musikkonservatorium um 1900 soll kaum mehr als die Fassade den ursprünglichen Gebäuden zu entsprechen.
Weiter hinten fällt schon die nächste Strassenecke wegen ihres bunten Fahnenschmucks ins Auge:
Früher wurde auf dem Platz zwischen Hoogpoort und Belfried ein Buttermarkt abgehalten, und so heißt die Strasse vor den beiden eindrucksvollen Häusern: Botermarkt . Die zusammenstehenden Fassadenstile sind so verschieden, weil sie aus verschiedenen Jahrhunderten stammen, dennoch dienen sie als ein Haus, das Stadhuis der Stadt Gent, auf deutsch: es ist das Rathaus. Um mehr, auch Innenräume, zu sehen > hier – auf die Rundum-Ansichten bei GoogleMaps – klicken!.
Dabei umfasst der gesamte Komplex noch wesentlich mehr, auch ältere Teile, als man ihm ansieht, z.B. einen Keller aus dem 12. Jh. – ich las etwas von mindestens elf Bauphasen für darin vereinigte Gebäudeanteile.
Der Entwurf für den säulenverzierten, geradlinigen Teil im Stil der Renaissance ist erstaunlicherweise gar nicht so viel jünger als der ältere Teil auf der Ecke Botermarkt – Hoogpoort , doch hatte sich nicht nur zwischen 1519 und 1580 der Geschmack gewandelt, die Fertigstellung des neuen Flügels soll sich auch unter der Leitung mehrerer aufeinanderfolgender Architekten bis ins 18. Jh. hingezogen haben. Insgesamt habe ich Namen zehn verschiedener Architekten für die Gestaltung des Stadthause gefunden, sie alle zu nennen ist mir zu aufwändig, hier wäre aber ein > Link für insgesamt gründlichere Informationen. Der überwältigend verzierte Teil im spätgotischen Stil wurde zwischen 1519 und 1539 nach Entwürfen von Rombout Keldermans und Dominicus de Waghemakere gebaut, bis auf die Figuren in den Nischen. Die 19 Skulpturen stammen aus dem 19. / 20. Jh. – sie waren mir schon merkwürdig vorgekommen, wegen des humoristischen Stils in der Darstellung.
Zuerst war mir der angetrunken wirkende junge Mann in der Mitte des ersten Bildes aufgefallen, dann auch die Art und Weise, wie die Figuren mit dem Betrachter in Beziehung gesetzt wurden, von der Körperhaltung der (schwangeren?) Dame mit der Krone auf dem zweiten Bild ganz zu schweigen … sie wirken alle miteinander, als hätten sie sich zwischendurch heimlich zu einem Fest weggeschlichen und dort dem guten Genter Bier zugesprochen. Schade, den Namen dessen, der sich das ausgedacht hat, hätte ich gern herausgefunden.
Auch das Gebäude, zu dem diese Tür-Umrahmung aus der Barockzeit gehört, ist noch ein Teil vom Komplex des Stadhuis von Gent: es war das Hausmeister-Haus an der Hoogpoort.
Die nächste Bildfolge ist zwar ganz in der Nähe entstanden, aber vollkommen anders, darum ist an dieser Stelle der Artikel beendet. Die Fotos sind vom Mittag des 22. August 2015 – die beiden kleinen Bilder mit den steinernen Figuren bitte zum Vergrössern anklicken!
Kennst du Brügge?
Das ist fast noch zauberschöner als Gent 🙂
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In Brügge war ich nur einen Regentag lang, aber schön war es trotzdem. 🙂
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Das Rathaus ja schon wieder das nächste architektonische Glanzlicht Gents. Diese „doppelgesichtige“ Fassade und die verblüffend „ironischen“ (?) Figuren sind schon ziemlich außergewöhnlich und auch irgendwie verblüffend.
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Aber wirklich! Bei den Figuren hatte ich einen Lachanfall 🙂
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