Nachdem ich beim ältesten Bäcker von Gent am Groentenmarkt etwas Gebäck gekauft hatte, gelangte ich über die Langemunt in die Onderstraat : aus der Strasse stammt in der Galerie das erste Bild, auf dem man links ein Haus mit einer Fassade aus dem 19. Jh sieht, das aber im Kern aus dem 17. Jh. stammen und ursprünglich strassenseitig einen aufsteigenden Giebel gehabt haben soll, wie das zum Ryhovesteen gehörende Haus zur Rechten. Direkt gegenüber davon ging es in die schmale Serpentstraat (Bilder 2-5), die zum Vrijdagmarkt führt …
… bzw. am Vrijdagmarkt beim Toreken herauskommt. Das “Türmchen” (6. Bild in der Galerie) aus dem 15. Jh. ist das ältestes Gebäude am Freitagsmarkt, früher war es die Gildehalle der Gerber. Auf dem siebenten Foto ist daran vorbei ein Blick über den Marktplatz zu sehen, mitsamt dem Jacob van Artvelde-Denkmal in der Mitte und den beiden Häusern der Arbeiterbewegung dahinter, das das Ons Huis und das Bond Moyson . Die Reihe der bunten und unterschiedlichen Häuser ist unmittelbar an der Sint-Jacobskerk zu sehen und zuletzt die gotische Sint-Jacobskerk selbst.
Zu den beiden Fotos mit dem roten, graffitibemalten Holz (2+4) und „HENRI“ auf einem der Fensterchen habe ich noch etwas hinzuzufügen. Mich spricht so etwas ganz rührselig an und darum habe ich danach gesucht und dies gefunden: Ursprünglich stand auf den Fensterchen „HENRI“ links und „MARTENS“ rechts, dazwischen eine „4“; früher wurde > „In ‚t Gouden Meuleken“ Arbeitskleidung verkauft, oben hatte das Haus aus dem 17. Jh. einen Treppengiebel, es ist verfallen und in den 70ern bis auf diesen heute noch existenten Rest abgerissen worden. So seltsam das erscheinen mag, aber solche Kleinigkeiten beschäftigen mich manchmal mehr als ein ausgewiesenes großartiges Baudenkmal wie der oben erwähnte, geschichtsträchtige Ryhovesteen der Genter Familie vander Kethulle, Heren van Ryhove, Mitbegründer der calvinistischen Stadtrepublik von Gent 1577-’84, von dem ich nicht einmal das Hauptgebäude mit dem Ursprung im 15. bzw. 16. Jh. fotografiert habe – es hat mich im Vorbeigehen nicht „angesprochen“. Woran das wohl liegt? Kennt das sonst noch jemand?
Die Fotos sind vom Vormittag des 23. August 2015, Gent – zum Vergrössern bitte die kleinen Bilder in der Galerie anklicken.
Mir gehts ähnlich. Manchmal atmen solche Gebäude oder Kunstwerke oder kleine Details mehr Geschichte / Atmosphäre / Zeitgeist (mir fehlen da gerade die richtigen Worte), als so große Prachtbauten. Mich sprechen z.B. alte, urtümliche Kirchenbauten aus dem 12. oder 13. Jahrh. auch wesentlich mehr an, als überladene Prachtbauten aus dem Barock. Irgendwie haben sie für mich eine ganz andere „Schwingung“ 🙂 Und so wirkt manchmal eben auch eine kleine bescheidene Hütte ansprechender und berührt mehr, als ein grandioses Bauwerk mit viel Pomp aber ohne Seele (das triffts vielleicht am Besten).
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Das ist es, das Empfinden eines Gebäudes oder Orts als ein Ganzes, das bei sich geblieben ist. Prachtbauten wirken wie Muschelschalen, vom eigenen Innenleben verlassen.
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TOLL, deine vielen Bilder dieser Stadt…
Man könnte meinen, du arbeitest an einem Reiseführer über sie!
Liebe Abendgrüße vom Lu
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Ein Reiseverführer der kleinen Ansichten 🙂
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Ah ja, klingt cool 🙂
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Mein Interesse an Gebäuden usw. in einer Stadt hängt jedenfalls auch nicht davon ab, ob es sich um eine (angeblich) große und „offizielle“ Sehenswürdigkeit handelt oder nicht.
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Man verpasst andernfalls ziemlich viel, wenn man sich nur daran orientiert, glaube ich.
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