Grün wie die Hoffnung, Rot wie Alarm …

„Grün wie die Hoffnung, Rot wie Alarm …“ … und leider ohne das perfekte Happy End. Eine wahre Bildgeschichte von einem Spaziergang mit Bongo, die sich mit den Fotos selbst erzählt:

 

Die Weißstörche Ciconia ciconia im Saaßer Nest haben zwei Junge. Durch die belaubten Bäume kann man das Nest nur von sehr weit weg und nur sehr ungenügend einsehen, aber es genügt, um sich zu freuen und zu hoffen, dass sie den Sommer über gut versorgt werden können.
Einer der Elternstörche war übrigens derjenige, der sich auf meiner Eiche geputzt hatte > hier.
Die Wegränder waren erfreulich hochgewachsen, auch wenn es an Blüten fehlt, aber der Schritt in die richtige Richtung bringt uns im kommenden Sommer hoffentlich Blüten und Insekten zurück.
In diesem Jahr gibt es sowenige Insekten, dass selbst die sonst als Nahrung so begehrten Blätter der Großen Kletten Arctium lappa nahezu unversehrt dastehen. Ein einzelner Grashüpfer kann da auch nicht viel ausrichten.
Auch Schnecken sehe ich in diesem Jahr nicht so viele, wie noch im Vorjahr, aber eine besonders hübsche, große Hain-Bänderschnecke Cepaea nemoralis konnte ich zwischen den Blütenstängeln des Krausen Ampfers Rumex crispus entdecken.
Zu meiner großen Freude fand mein suchender Blick nach über einer halben Stunde Wegrandbeobachtung endlich ein Büschel Brennnesseln Urtica dioca mit den schwarzen, weissgepunkteten Raupen vom Tagpfauenauge Inachis io. Sie waren bereits gross, ihr Anblick bot endlich wieder eine willkommene Aussicht auf Schmetterlinge, die ich auf diesem Spaziergang bisher vermisst hatte.
Noch während ich die Raupen fotografierte, bemerkte ich, wie Bongo aufmerksam die Strasse beobachtete. Er hatte in der Ferne einen Traktor entdeckt. Dieser fuhr langsam über den Wegrand – kein gutes Zeichen – und ich zoomte ihn mir mit der Kamera heran, um zu sehen, welche Tätigkeit dort ausgeführt wurde.
Leider bestätigte mir der Blick durch das objektiv meine Befürchtungen: da kam der Mäher.
Der Traktor mit dem Mähwerk bog zwar zunächst ab und befuhr den gegenüberliegenden Rand des Königshorster Kanals, aber auch das war ein schlechtes Vorzeichen, ein Hinweis darauf, dass die jährlichen Kanal-Pflegearbeiten begonnen wurden.
Immerhin mähte er mir nicht die für unsere Gegend ungewöhnlichen Mohnblumen vor den Füßen weg.
Die Strassenarbeiten im vorigen Jahr hatten entlang des Königshorster Kanals zwar die Heidenelkenbestände vernichtet, die dort jahrzehntelang geblüht hatten, aber offenbar waren entweder mit den Maschinen oder mit dem Schotter andere Pflanzensamen mitgebracht worden.
Bevor wir den Mäher bemerkt hatten, wollte ich mir nur die Stelle zum Sammeln reifer Samenkapseln vormerken, aber angesichts der Arbeiten beschloss ich, gleich nach Ankunft zuhause noch einmal mit Auto, Arbeitshandschuhen und Spaten wiederzukommen, um zu retten, was zu retten war: einige Mohnblumen und die Raupen auch.
Für die Gebänderten Prachtlibellen und die hellblauen Jungfern, die sich gerade auf den Blättern und Blüten der Gelben Mummel im Wasser des Kanals paarten, würde ich leider nichts tun können, der Böschungs- und Kanalmäher näherte sich bereits auch schon.
Meinen Plan, wiederzukommen, führte ich so schnell wie möglich aus. Für die Raupen kam ich zu spät, auch wenn ich noch versuchte, diese eine Stelle in den gemähten Haufen wiederfinden.
Aber der Mohn stand noch. Ich glaube sogar, der Traktorfahrer hatte mich beim Fotografieren gesehen und die Mohnpflanzen stehen lassen – immerhin: ein Dankeschön dafür, falls du es liest!
So konnte ich sowohl eine Pflanze von der Garten-Klatschmohn-Variante als auch eine Schlafmohnpflanze ausgraben und mitnehmen, nur sicherheitshalber.
Und froh war ich, als ich am Abend dort noch einmal vorbeikam, denn der Kanalmäher hatte bis dahin alles ratzekahl gefatzt. So unterschiedlich können Menschen ihre Arbeit verstehen.
Fotos vom späten Vormittag / Mittag des 15. Juni 2017 zwischen Lüchow-Saaße und Banneick, und dann entlang des Königshorster Kanals; zum Vergrössern bitte die kleinen Bilder in der Galerie anklicken.

10 Gedanken zu “Grün wie die Hoffnung, Rot wie Alarm …

  1. Es gibt so viel Schlimmes auf der Welt, das krude Weltgeschehen überhaupt, aber DAS hier, bringt das Faß zum Überlaufen, haha ! Da könnte ich immer total ausflippen !!! Ernsthaft. Wie traurig und schade. Ich sehe das ja genauso wie du ! Hier wurde letzte Woche auch wieder fast alles Unkraut am Grundstücksrand abgemäht, was seit der letzten Aktion von vor ein paar Wochen nachgewachsen war….Sieht jetzt schön verbrannt aus, wenns denn besser ist ????!!!!! Daß das immer noch nicht überall angekommen ist. Irgendwann können sich die Menschen dann hinstellen und die Pflanzen selbst bestäuben, so wie in China….Ja, wie gesagt, die Rasenmäherkolonne war da und mein Highlight: „meine Baumscheibe“ ist unberührt geblieben, was ja auch in meiner Absicht lag, und wenigstens dort wächst und blüht Klee. Meine Pflänzchen dazu. Ich komme nicht dazu, davon zu berichten, aber kürzlich sah ich einer Hummel zu, wie sie am dort ansässigen Klee naschte und sich dann auch an den von mir gepflanzten Mauerpfeffer und Salbei machte. Dafür hat sichs schon gelohnt. Ich muß wohl Baumpatin von allen Bäumen der Straße werden, damit Unkraut eine Chance hat.

    Wie schön, daß du ein bißchen was retten konntest ! Aber es tut schon weh, wenn man die schönen Bilder von dir sieht, was da alles blühte und sich tummelte. Herr, wirf Hirn vom Himmel !!!

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  2. Das ist ja leider genau das Problem, dass es nicht um sentimentales Jammern wegen eine Handvoll Raupen und Blütenblätter geht, sondern ein überall bereits mit Folgen feststellbares, negativ auf das Ökosystem wirksames Geschehen handelt. Zusammen mit den Klimaveränderungen, die die zeitlichen Feinabstimmungen von Pflanzenblüte und Insektenflug verschieben und stören, kann man sich solchen Unverstand nicht mehr leisten.

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    • Stellenweise wurde weniger gemäht, weil einfach nichts nachgewachsen ist. Was den Kanal angeht, hat sich nichts geändert, was aber auch nicht dazugepasst hätte, dass allgemein zur gründlicheren Pflege und Instandhaltung der Gräben und Kanäle aufgerufen worden war, nachdem die landwirtschaftlichen Flächen von den vorjährigen Wasserfluten bis in den stellenweise bis in den April nicht befahrbar waren. Die Gräben sind teilweise verbuscht und mit grossen Bäumen zugewachsen, wenn nicht gerade in dieses so praktische Verborgene auch noch haufenweise Müll entsorgt wurde (von denen, die zuhause sogar noch mit dem roten Strassenbesen den kurzen Rasen abkehren). Man muss leider zugestehen, dass in diesem Hinblick der Bagger vollkommen zu recht vonnöten ist, auch wenn dabei viele Nistgelegenheiten und Schlupfwinkel zerstört werden. Wer weiss, was das kommende Jahr wieder bringt? Die Landwirte sind in diesem Jahr hier im Wendland wirklich extrem arm dran, mit dem hohen Grundwasser und der immer noch anhaltenden Dürre – nur weil die Nächte kalt genug sind, um Wasser aus der Luft zu Boden zu bringen, regnet es immer noch bei weitem zu wenig. Wenn Bongo irgendwo nach Mäusen buddelt, offenbart sich das sofort.

       

      2018-11-03 LüchowSss frühmorgens (kurz nach acht Uhr) Bongo buddelt am Feldrand

      Das Foto findet sich im aktuellen Artikel > Morgens, Anfang November | 2018/11/03 .

       

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      • Danke für die aufschlussreichen Hintergrundinfos!
        Man muss bei solchen Maßnahmen in der Tat immer den Gesamtzusammenhang sehen und die Entwicklung (einschl. Unterschiedlichkeit) der Witterungsverhältnisse zwischen den Jahren beachten. Sicher hängt nun sehr viel davon ab, ob das nächste Jahr wieder zu trocken oder im Gegenteil zu nass, …. oder „normal“ (durchschnittlich) wird.

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