Hinter dem Chor heisst die kleine Strasse, die ab der Schweinsbrücke an der nach Osten gewandten Seite der St. Nikolai-Kirche vorbeiführt, früher zum im vorigen Beitrag mit den Schweinchen auf der Brücke schon erwähnten Poeler Tor, als es noch eine Stadtbefestigung gab, heute zur Poeler Strasse, in nördliche Richtung.
Ich entschied mich dafür, entlang der Südseite des Kirchenschiffs und der Frischen Grube zu gehen , wo ausser den imponierenden Blicken viele Backsteine hinauf auch moderne Kunst Aufmerksamkeit beansprucht, roh, klobig und, wie ich den Worten einer Fremdenführerin entnahm, millionenschwer: Lebensgrösse II wurde 1985 kaum geschaffen, um in Wismar vor der mächtigen Backsteinbasilika Nachdenklichkeit auszulösen, welche Auseinandersetzung durch den Körper des Künstlers Heinz Breloh (* 1940 Hilden, † 2001 Köln) als formgestaltendes Werkzeug zum Ausdruck gebracht wurde, …
… aber an eine verbeulte Glocke erinnernd suggerierte sie mir das Thema „Kirche und Glauben“, und ermöglichte den verstellten Weg auch als imaginiertes Ärgernis und Kunst – „Des is jo des“ murmelt das Teufelchen in meinem Hinterkopf im wienerischen Tonfall, und ich bekam grosse Lust auf einen Kaffee mit Blick auf die Nikolaikirche, von der Seite gegenüber. Bitte die beiden kleinen Bilder von der Südhalle und dem Kirchturm zum Vergrössern anklicken:
Zuerst ist der Giebelschmuck mit der vierzehnteiligen Blendrosette oberhalb der Südhalle zu sehen. Die Terracotta-Friese zeigen Heiligenbilder und die gleichen glasierten Schmuckbänder mit Greifen, Drachen und Dämonen wie an der Georgenkirche. Der Turm war von seiner Fertigstellung 1508 bis 1703 mit seinem 60 m hohen Helm sogar 120 m hoch, bis ein Orkan Teile des Turms ins Gewölbe stürzen liess und das mittelalterliche Gebäude beschädigte. So nahm man von der Höhe Abstand und beschränkte sich bei den Reperaturen auf gut die Hälfte, 64 Meter, unter einem Satteldach. Unter schwedischer Herrschaft war Wismar nicht mehr reich; erst nach 1803 wurde wieder bis Ende des 19. Jhs. renoviert.
Für meinen weiteren Weg Richtung Hafen wechselte ich wieder auf die Kirchen-Seite der Frischen Grube, und ging über die schmale Strasse am St. Nikolai-Kirchhof auf der Westseite am Turm der St. Nikolai-Kirche vorbei. Heute spielen Kinder auf dem Kirchhof, auf dem bis 1833 noch Tote bestattet wurden. Zum Friedhof hin hatte also das Haus mit der Inschrift „Anno 1832“ sein Tor erhalten, wegen dessen schon aus der Entfernung sichtbarem Fachwerk ich dort entlang gehen wollte.
Fotos vom Vormittag des 18. August 2018 in Wismar, Landkreis Nordwestmecklenburg, Mecklenburg-Vorpommern.
2 Gedanken zu “Wismar (13) – Buntes hinter dem Chor von St. Nikolai und weiter entlang der Frischen Grube”