Wie unter dem vorigen Artikel schon angekündigt, habe ich von der zweieinhalbstündigen Fahrt mit der ‚Wissemara‘ vom Alten Hafen durch die Wismarer Bucht, bis kurz vor’s freie Wasser der Ostsee und wieder zurück, noch einige Fotos mehr mitgebracht. Es begann um Viertel vor zwölf, kurz vor Mittag:
Bild 1: am Liegeplatz der Poeler Kogge ‚Wissemara‘, links im Bild; sie wurde 2004 gebaut, inspiriert durch den Fund eines Wracks vor der Insel Poel im Jahre 1999. Im Artikel zuvor findet sich der Link zur Webseite des Fördervereins, der sich um das Schiff und seine Belange kümmert und auch die Besatzung stellt. Rechts daneben liegt der wirklich alte ehemalige Lotsenschoner ‚Atalanta‘, gebaut 1901, der wenig später auch auslief:
Bild 2: Ausfahrt der sehr massiv wirkenden Poeler Kogge ‚Wissemara‘ aus dem Hafen von Wismar, nur wenig dahinter der schlankere Lotsenschoner ‚Atalanta‘, gefolgt von der noch kleineren Gaffelketsch ‚Asgard‘; alle drei Segelschiffe begegneten sich im Laufe der folgenden zwei Stunden in der Bucht immer wieder, so dass sich das Mitfahren und das Beobachten der anderen schönen Schiffe gut ergänzte. Wind kam für alle erst später auf.
Bild 2: Beim Vorüberfahren am grösseten Holzcluster Europas im Hafen von Wismar seufzten die Kamin-Besitzer auf dem Schiff laut und schmachteten die riesigen Holzmengen aus dem Baltikum, Russland, Skandinavien, Schottland und Spanien begehrlich an. Die umfassendste Zahl zur umgeschlagenen Menge, die ich finden konnte, stammt von 2013: da waren es 1. 4 Millionen Tonnen Holz und Holzprodukte, die über die Kaikante des Wismarer Hafens bewegt worden sind.
Bild 4: Den schwarzen Kormoranen und silber-weissen Möwen waren Holz und Hafen egal, sie nutzen nur die Sitzgelegenheiten entlang der östlichen Seite des Hafenbereichs. In der Wismarbucht versammeln sich zur Zeit des Vogelzugs im Frühjahr und Herbst auch schon mal über dreitausend dieser Vögel, was bestimmt sehenswert ist, aber Mitte August war die Zahl der Kormorane überschaubar, die ich vom Schiff aus gleichzeitig beobachten konnte.
Bild 5: Die Hafeneinfahrt von Wismar wird von Duckdalben mit daraufgesetzten „Schwedenköpfen“ markiert, Repliken von Herkulesbüsten aus Eichenholz. Diese Hafenwächter wurden erstmals 1672 erwähnt, also während der Schwedenzeit. Jene wurden ausgetauscht, nachdem sie von einem Frachter gerammt worden waren, aber nicht zum ersten Mal: am noch vorhandenen Museumsstück wurden so vielfache Reparaturen mit Hölzern und eisernen Nägeln festgestellt, dass eine Altersbestimmung des Holzes unmöglich war.
Bild 6: Wie schon erwähnt hatten auch andere alte Segelschiffe auf dem Weg aus dem Hafen keinen Wind, um Segel zu setzen, aber deren Motoren brachten sie schneller voran; so auch brauchte die Poeler Kogge viel länger und wurde nach der ‚Atalanta‘ schliesslich auch vom zweimastigen aber viel kleineren Segelkutter ‚Asgard‘, einer sogenannten Gaffelketsch mit Baujahr 1937, eingeholt, und das alles immer unter viel Gewinke der begeisterten Passagiere.
Bild 7: Nur ein schmaler Streifen war von der Insel Poel während der Fahrt entlang des Westufers zu sehen, ich habe zwar einige Bilder zu zoomen versucht, habe aber mehr im Moment von der Fernglaswirkung profitiert, als gute Bilder eingefangen. Andererseits war es deshalb erholsam, auf dem Schiff die Langsamkeit und die allgemeine Atmosphäre zu geniessen und weniger „Foto-Alarm“ zu verspüren, als beispielsweise unterwegs in der Altstadt.
Bild 8: Die Grösse der Kogge ermöglichte einem während der Fahrt völlige Bewegungsfreiheit, was ich sehr genossen habe. Mal war die eine Seite interessanter, mal die andere, mal vorne nahe des Bugs, mal in der Mitte, oder die Treppe hinauf, oben auf dem Kastell, Bänke gab es überall. Nur bei Aufziehen des Segels bzw. späteren Einholen gab es Anweisungen von der Besatzung, entweder Platz zu machen oder dabei zu sein.
Bild 9: Hier ist doch noch ein Zoom, kurz vor dem äussersten Punkt der Fahrt hinaus in die Wismarer Bucht; es ist das nordöstliche Ende der Insel Poel mit ein bisschen Steilküste und dem Strand Wangern, dem FKK-Strand der Insel, weshalb zuviel Zoom dann auch wieder nicht unbedingt sein musste. Kurz darauf nahm die ‚Wissemara‘ eine langsame Kurve und dann wurde das grosse Rahsegel gesetzt, mit dem Stierkopf-Wappen darauf, im Beitrag zuvor zu sehen > hier.
Bild 10: Auch der Eisbrecher ‚Stettin‘, Baujahr 1933 befand sich wieder auf dem Weg zum Hafen von Wismar. Die kohlebefeuerte ‚Stettin‘ besitzt den Status eines technischen Kulturdenkmals, hatte 1945 Flüchtlinge über die Ostsee gebracht. Schon am Vorabend hatte ich sie unter Dampf bzw. dunklem Qualm im Hafen gesehen > hier, aber nicht so nah und frei wie diesmal. Heimathafen ist der Museumshafen HH-Oevelgönne, aber weil sie auch grössere Touren unternimmt, war sie gerade in der Bucht von Wismar ebenfalls auf dem Weg zum Alten Hafen.
Bild 11: Der Bug der Poeler Kogge zeigt schon wieder die Fahrrichtung nach Wismar; die Gäste der ‚Wissemara‘ hielten sich, im Gegensatz zur Hinfahrt, nicht mehr vorwiegend dort auf, wo man möglichst viel beobachten konnte, die heisse Mittagssonne tat wohl auch das ihre dazu. Die Kinder spielten, die Erwachsenen unterhielten sich miteinander oder schauten einfach entspannt drein, manch einer spürte vielleicht auch eine gewisse Duseligkeit vom Biergenuss.
Bild 12: Inzwischen war es bereits kurz nach halb drei Uhr nachmittags un die ‚Wissemara‘ näherte sich dem Hafen entlang der westlichen Uferlinie der Wismarbucht , so dass sich vor der Linie der drei Altstadt-Kirchen von Wismar, der Nikolaikirche links, dem St. Marien-Kirchturm in der Mitte und der Georgenkirche rechts, auch verschiedene Kräne der Werft und moderne Hafengebäude in die Sicht schoben.
Bild 13: Auf diesem weissen Schiff gibt es keine Kreuzfahrtromantik mehr – das ehemalige Kreuzfahrtschiff ‚SuperStar Libra‘ mit Platz für mehr als 1’500 Passagiere an Bord dient nach dem Ende seiner letzten Kreuzfahrt für Star Cruises am 27. Juni 2018 ab August 2018 als Werftarbeiter-Wohnheim desselben Eigners, einem malaysisch-chinesischen Schifffahrtunternehmen, Genting Hong Kong , der die MV-Werften Wismar im Jahre 2016 erworben hat.
Bild 14: Der Dampf-Eisbrecher ‚Stettin‘ war schon vor der ‚Wissemara‘ wieder im Hafen angekommen und qualmte schwärzlich vor sich hin. Rechts daneben ist auf dem Foto das rote Mansardwalmdach des barocken Baumhaus zu sehen. Sogenannte „Baumhäuser“ gab es in den Häfen des 17. Jahrhunderts auch anderswo: Aufgabe eines Baumschliesser im Baumhaus war es, die Zufahrten zum Hafen zu sichern, zu Wasser durch schwimmende Baumstämme und Ketten, zu Lande durch Schlagbäume, und die Hafengebühren zu erheben.
Bild 15: Die Abfahrt war etwa um Viertel vor zwölf Uhr mittags gewesen, nachmittags gegen drei Uhr erreichte die Poeler Kogge wieder ihren Liegeplatz im Alten Hafen und entliess anschliessend ihre Gäste wieder zurück aufs Land. Das Riesenrad hatte immer noch viele Plätze frei, aber nun war es erst einmal genug, und nach einem kleinen Aufenthalt mit kühlen Getränken auf der Terrasse eines Hotels an der Runden Grube wurde durch die westliche Altstadt zum Hotel zurück gebummelt. Die Fotos davon bekommen aber wieder einen eigenen Artikel.
Diese 15 Fotos sind vom Mittag und Nachmittag des 18. August 2018, aufgenommen auf der Ostsee in der Wismarer Bucht, vor der Insel Poel und der Küstenlandschaft Wismar-West sowie in Wismar, Landkreis Nordwestmecklenburg, Mecklenburg-Vorpommern.
Wirklich eine coole Gegend dort unten an der Ostsee,
wäre nur nicht alles dort so flach … g
LG vom Lu
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Vom Ostseewasser selbst kannst du nichts anderes erwarten, aber bezüglich der Küstenumgebung befindest du dich im Irrtum, die ist alles andere als flach. Fahr doch mal hin und nimm am besten das Fahrrad mit, dann siehst du es nicht nur, sondern spürst es auch. Eiszeitlich bedingt ist die Landschaft sehr hügel- und wasserreich. Ein grosser Teil der deutschen Ostseeküste besitzt eine Steilküste. Vielleicht lohnt es sich doch mal, wenn man schon nicht hinfährt, über die Jungmoränen-Landschaft von Mecklenburg-Vorpommern zu lesen, z.B. bei Wikipedia > hier, für die sich anschliessende „Holsteinische Schweiz“ gilt im Übrigen das Gleiche: es ist hügelig und abwechslungsreich. Man kann nicht schon „am Abend vorher sehen, wer am nächsten Tag zu Besuch kommt“, wie entlang der Nordseeküste.
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Ich bin beeindruckt …
herzlichen Dank für diese Hügelaufklärung entlang der Ostsee 🙂
LG vom Lu
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Der alte Hafen mit der Wismarer Bucht ist wunderschön, vielen Dank fürs zeigen
LG Andrea
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Vielen Dank, Andrea. Es hat meine Erwartungen weit übertroffen.
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Foto 2 fiel mir gleich als ein perfektes auf.
Und das tanzende Mädchen auf Bild 11.
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Abstrahierend betrachtet beinhaltet das zweite eine schöne Harmonie verschiedener, spitzer Winkel, und das tanzende Mädchen mit ihrem Gefühl von sich selbst im Wind auf dem Schiff berührt: ich freue mich, dass du es gesehen hast.
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Mir und wohl vielen „Erwachsenen“ ist so eine kindliche Freude abhanden gekommen.
Schade ist das!
Das Aneinanderreiben meiner Hände aus plötzlichem Glücksgefühl ist heutzutage noch solch ein Relikt aus einer Zeit, als Leichtigkeit wohl leichter war.
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Diese Geste der erwartungsvollen Vorfreude sieht man wirklich nicht mehr so oft. Beim Würfeln von 6 Augen-Würfen bei Brettspielen und leckerem Essen erinnere ich sie, und ganz eng verbundenen mit einer meiner besten Freundinnen, die sie ausführte, wenn sie die Aussicht darauf hatte, eine beliebige Mathematikaufgabe zu lösen zu bekommen. 🙂
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Nächstes Jahr wollen wir unbedingt einen Tag nach Poel und mit den Rädern eine Inselrundtour machen.Ich werde berichten.
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Darauf freue ich mich. Für die Insel hatte ich leider überhaupt keine Zeit, was ich bei der Nachlese zu meinen Fotos immer mehr bedaure.
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