Dem freitäglichen Büchermarkt auf dem Spui von Amsterdam verdanke ich es, dass ich den Begijnhof doch noch zu sehen bekommen habe, direkt hinter den kleinen weissen Giebelhäuschen, dem roten Giebel und den beiden kleineren, hinter Baustellennetzen und -Gerüsten verborgenen links davon, die gehören nämlich schon dazu, ihre rückwärtigen Giebel weisen direkt zum Begijnhof:
Zwei Tage vorher war kaum Sicht auf diese Häuser möglich gewesen und auch kein erkennbares Herankommen an die kleine Seitenstrasse; auf dem oberen Bild vom Spui bleibt sie von dem Standort aus gesehen rechts zwar auch wieder durch eine Hausecke verborgen, aber auf den beiden dem nächsten Bildern blickt man zuerst direkt in die schmale Gasse namens Gedempte Begijnensloot hinein und steht dann vor dem Torbogen zum Begijnhof:
Der Torbogen stammt von 1574 und wurde im 19. Jh. restauriert, nachdem der Graben zugeschüttet und die Brücke des bis dahin einzigen Zugangs überflüssig geworden war. Tritt man hindurch, überrascht die geradezu würdevolle Weite des stillen Begijnhofes mit seiner von Giebelhäusern eingefassten grossen, grünen Rasenfläche.
Der Begijnhof von Amsterdam wurde in der zweiten Hälfte des 14. Jh. als konventähnlicher Alters- und Rückzugsort für die katholische Gemeinschaft der > Beginen gestiftet, nachdem es vorher schon ein einzelnes Haus dieser christlich-zölibatären Lebensgemeinschaft gegeben hatte.
Hier befindet man sich auf einem der ältesten, auf dem mittelalterlichen, um etwa einen Meter niedrigeren Bodenlevel erhaltenen Teile Amsterdams. Bei seiner Entstehung war der Hof von Wasser umgeben, vom Nieuwezijds Voorburgwal, dem Spui und dem Begijnensloot, letzterer wurde sogar erst im Jahre 1865 zugeschüttet, der Eingang zum Spui gibt es erst seit dem 19. Jahrhundert. Den heute mit einer grossen Rasenfläche gestaltete Innenbereich muss man sich als Lebens- und Arbeitsfläche vorstellen, wo gegärtnert, Wäsche getrocknet, gebleicht und gehandwerkert wurde, wo überhaupt alle notwendigen Tätigkeiten der Selbstversorgung vonstatten gingen.
Die Gestaltung der Häuser ist städtisch, mit individuellen Ansichten, die meisten Fassaden stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert, während die Gebäude selbst älter sind, ein Drittel besitzt noch gotisches Fachwerk im Inneren. Das restaurierte Holzhaus ‚Het Houten Huys‘, 34 Begijnhof, erkennbar am dunklen Giebel auf dem Bild oben rechts stammt aus dem Jahr 1528 und ist das älteste Holzhaus in Amsterdam. Weil die Häuser stets Privateigentum der Beginen waren, entgingen sie während der Reformation der Enteignung und so blieb die Anlage erhalten, nur Hof und Kapelle wurden vereinnahmt. Bis 1971 lebte noch eine letzte Begine dort, 1979 wurde mit der Renovierung der 47 Häuser mit Wohnraum für damals 140 Bewohner begonnen.
Die hier gezeigte Kirche ist eines der ältesten Gebäude der Stadt, ihr Ursprung besteht in einer römisch-katholischen Kapelle der Beginen aus dem 14. Jh.. Während der Zeit des Calvinismus wurde sie den Beginen entzogen und Anfang des 17. Jhs. als reformierte Presbyterianer-Kirche wieder geöffnet.
Auch heute ist es eine besondere und private Wohnanlage für etwas mehr als einhundert ältere Menschen, um derentwillen es feste Regeln für den Zugang und Besichtigungen gibt und vor allem um Ruhe gebeten wird.
Die Fotos sind vom Morgen des 12. April 2019 in Amsterdam, Nord-Holland, Niederlande. Zum Vergrössern bitte die Bilder anklicken. Den bisher an diesem Morgen zurückgelegten Weg kann man über den folgenden > GoogleMaps-Link nachvollziehen.
Du zeigst wahrliche Besonderheiten von Amsterdam, die ich nie gesehen habe. Dazu alle deine Informationen, danke für alle deine Mühen und dein Teilen!
Herzliche Sonntagsgrüße
Ulli
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Sehr gern und vielen Dank, Ulli! Die „Mühen“ sind mein Vergnügen. Hab auch du einen schönen Sonn(en)tag.
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gibt mir Sehnsucht nach Reisen, sehr schöne Bilder, schöne Grüße am Sonntag kommen hier von der Müritz
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Danke, Klaus. Ich hoffe, die heute Sonne scheint auch bei dir.
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es ist schön hier
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🙂
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So schön, Amsterdam hat viele schöne Ecken und der Begijnhof hat mir bei meinem Besuch auch sehr gut gefallen. Du beschreibst ihn auch ganz toll
LG Andrea
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Danke, Andrea!
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Schön an diesen alten Stätten ist auch, dass sie sich kaum ändern. Vor 30 Jahren war es auch schon so – jedenfalls meiner Erinnerung nach.
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Das ist fühlt sich vermutlich angenehmer an, als den Hof wesentlich verändert zu sehen. Mir geht es zumindest manchmal so, wenn ich etwas nach Jahrzehnten direkt vor Ort oder auf Reisefotos völlig verändert sehe, dass es nicht immer eine angenehme Überraschung ist.
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Geweldig! Mein Got ich werde verrückt … Das Holzhaus im Begijnhofje aus dem dunklem Mitterälter 1528 … Aber dann wurde die Stadt reich und sehr reich, mit schöne Häuser met reiche Giebels … , ja … De eeuw van Rembrandt van Rijn ist die ‚Gouden Eeuw‘. Zo nennt man es … Kortom: Sie waren im Amsterdam und hatte mehr gesehen als ich im 75 Jahren … Man hat Zeit … , später schauen wir mal … Erzähle mich? Het Begijnhofje is mooi opgepoetst en afgestoft en het is er nog heerlijk rustig, ruhig und dan gehe ich in die Kirche … Ach ja … * http://www.friedabblog.wordpress.com * Amsterdam, 12 mei 2019, 18.30 uur . . . Machtig mooi Amsterdam von die Puzzleblume . . .
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Die sind wunderschön, diese Beginenhöfe. Ich kenne nur einen im Kleinformat, nein, im Kleinstformat, aus Groningen. Als Altenwohnanlage sind sie doch echt neckisch! Ich weiß zwar nicht, wie die Buden von drinnen sind, aber so macht es heute einen sehr gemütlichen Eindruck! Außerdem haben sie was von Oasen der Ruhe, diese abgeschlossenen Höfe. Ein Glück, daß sie erhalten geblieben sind. Wußtest du, wonach du suchst oder bist du darauf gestoßen, weil du am Anfang schreibst, daß sie nicht zu sehen waren? Jedenfalls gut zu wissen, daß es dort soetwas gibt, falls man doch mal hinkommt 🙂
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Ich wusste davon, dass der Beijnhof irgendwo dort sein musste aber die Baustelle hatte die Strassenseite vereinnahmt. Man weiss ja, wie Baustellen sind.
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^^ …so aufdringlich….
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