Die 1. „ABC-Etüde“ 2020

Endlich gibt es wieder eine „ABC-Etüden“-Schreibeinladung für die Textwochen 02.03.20 mit einer Wortspende von Christiane | Irgendwas ist immer. Die neuen Begriffe lauten: Skiurlaub – mickrig – kommandieren.

Der Etüden-Disclaimer legt fest, dass die gegebenen 3 Begriffe in einem Text von maximal 300 Wörtern untergebracht werden sollen, wobei Inhaltshinweise und die Überschrift NICHT zum Text zählen.


Damals, im Winter
Meine erste „ABC-Etüde“ des Jahres 2020 ist zugleich meine 11. insgesamt und, obwohl es mir an Zahlenverliebtheit mangelt, beschert mir gerade diese besondere Ziffernversammlung mit den paarweisen Einser-Häkchen die Assoziation von parallel gleitenden Skispitzen, die Zweier gleichen auf einmal gebeugten Knien und die Nullen dem Pärchen Skistock-Teller aus gebogenem Bambus mit roten Lederbändchen und versetzt mich damit zurück in die Wendland-Winter der 60er Jahre.
Suchte ich zuvor noch nach Ideen, höre ich nun in der Erinnerung die Stimme meines Vaters uns Kinder im verschneiten Kiefernwald über mickrige Hügelchen kommandieren, einen unscheinbaren Höhenzug namens Drawehn, westlich von Lüchow im Wendland.
Dort brachte er uns in erster Linie das Langlaufen bei, aber auch, wie man im „Fischgrätschritt“ eine Steigung hinaufkam, um sich von dem, was bei uns demnach „oben“ war, wieder mit einem netten, sanften Schwung sowie – siehe oben – parallel stehenden Skispitzen und leicht gebeugten Knien heruntergleiten lässt.
So rutschten wir im Wald herum, lauschten gelegentlichen Vogelstimmen, bewunderten die dicken, weissen Schneepäckchen auf den Zweigen der Bäume, freuten uns über Wildspuren und darüber, dass vor uns noch kein Mensch den Schnee berührt hatte.
Es waren schöne Stunden im nahezu stillen Wald, aber einen Skiurlaub haben wir in meiner Kindheit nie gemacht. Vielleicht war es auch genau diese Stille, wegen der ich später dem lebhaften alpinen Skivergnügen nie etwas abgewinnen konnte.

(218 Wörter)

 

23 Gedanken zu “Die 1. „ABC-Etüde“ 2020

  1. An alles Mögliche hatte ich gedacht (dachte ich), aber nicht, dass so viele ihre Kindheitsgeschichten mit Schnee und Skiern auspacken würden! Danke dir für diese feine Etüde, habe ich sehr gerne gelesen!
    Liebe Grüße
    Christiane 😀

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  2. Schön, wie du diese drei Wörter mit deinen Erinnerungen ummantelt hast!
    Ich bin ja in einem Vorort von Düsseldorf aufgewachsen, unsere „Berge“ reichten auch gerade mal für’s rodeln, an Skier oder gar Skiurlaub hat bei uns niemand gedacht.
    Liebe Grüße
    Ulli

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    • Mein Mann lacht immer, wenn ich ihm erzähle, dass wir sogar unseren Deich zum Roden genommen haben, und den Berg vom Amtsturm in Lüchow die „Todesbahn“ führte – wegen der für uns beachtlichen Steilheit, und einer möglichen Landung auf dem Eis der Alten Jeetzel, die vielleicht auch mal nicht fest genug zugefroren war.
      Meine Eltern hätten mit uns in meiner richtigen Kindheit, vor der Teenagerzeit, eine solche Strecke niemals im allein schon durch den Atem von innen mit Eisblumen befrorenen DKW geschafft und konnten das Geld wirklich für etwas anderes sinnvoller ausgeben.

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    • Ich auch nicht! Aber auch wenn ich kein Zahlen-Fex bin, habe ich als Kind immer gerne aus Zahlen Bildchen gezeichnet: aus 6ern wurden Eichhörnchen, aus 4ern und 5ern Katzen, aus 8ern Häschen oder Schneemänner, 1er verwandelten sich in Gartenzäune und die 2er wurden eigentlich immer zu Schwänen, aber diesmal habe ich im richtigen Moment „Ski-Phantasien“ bekommen. 🙂

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  3. Kommt mir irgendwie aus der Kindheit bekannt vor, allerdings nicht mit Langlaufskiern, sondern nur mit Rodelschlitten und Schlittschuhen. Mein Vater hat auch keinen DKW gefahren, sondern ein Goliath Dreirad. Aber da waren die Scheiben auch von innen eingefroren.

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    • Wir hatten deshalb bei jeder der seltenen Autofahrten absolutes Sprechverbot! ^^
      .. und keine Langlaufski, nur normale, Holzski mit Spannbindung und Lederstiefeln, dazu die berühmten Keilhosen und graue Stricksocken… ich weiss gar nicht, ob es Langlaufski überhaupt schon bei uns zu kaufen gab.

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        • Ja, die hatten wir auch – nacheinander, der andere musste solange die Gleitschuhe nehmen, und erst, als die Füsse meines Bruders zu gross geworden waren für den Verstellbereich, konnte ich sie endlich bekommen.

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  4. Wo du das mit der Stille erwähnst: ich war letzten Winter meine Freundin im Sauerland besuchen, und da werden die Pusten inzwischen mit Schlagermusik beschallt… furchtbar find ich das.
    Und dass du bei der Einleitung zu dieser Geschichte kommst, wirklich gelungen.
    LG
    Andrea

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    • Danke! 🙂
      Ja, ich weiss von diesen Scheusslichkeiten und den alkoholisierten, gefährlichen Suffköppen. Ich habe ja insgesamt einige Jahrzehnte dort gelebt, wo Skifahren auch ohne Urlaub an Wochenenden selbstverständlicher war.

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