Einer muss noch … ein Beitrag zu Christianes Schreibeinladung für die Textwochen 39.40.20 | Wortspende von kommunikatz ‹ Irgendwas ist immer: zu verwenden sind die Worte Pilze – traurig – schlafen. Dies ist tatsächlich meine 6. Etüde dazu, mit nicht mehr als maximal 300 Wörtern, wobei Hinweise und die Überschrift nicht mitzählen.
Lea selbst hat mich in meinem anderen Blog darauf gebracht, dass ich eigentlich noch eine Pilz-Etüde verfassen könnte, und mir fiel auch gleich eine geeignete Pilzart dazu ein, nämlich:
Die schwarze Tränen weinen
Damit meine ich Schopftintlinge, wissenschaftlich Coprinus comatus genannt. Dreiviertel des Jahres schlafen diese Pilze unsichtbar im Boden, bis sie im Spätsommer erwachen und ihre schuppigen, weisslichen Hüte aus dem Gras emporschieben wie Spargelspitzen, deshalb heissen sie auch Spargelpilze.
Man kann junge Schopftintlinge essen, nur sollte man 24 Stunden zuvor und danach keinen Alkohol trinken, weil der Wirkstoff Coprin im Pilz, vereinfacht gesagt, den Alkoholabbau blockiert. Die Vergiftungserscheinungen bei dafür empfindlichen Menschen nennt man daher das Coprinus-Syndrom.
Unschön wird später auch das Aussehen der Schopftintlinge, denn mit zunehmenden Reife des Fruchtkörpers verfärben sie sich langsam schwärzlich, bis sie schliesslich zu traurigen Gestalten werden, die in Selbstauflösung schwarze Tränen weinen, die aussehen wie zähe schwarze Tinte.
Und sie lösen sich tatsächlich vollständig auf, bis man am Ende nur noch einen schwarzen Fleck im Gras findet, wo wenige Tage zuvor ein schmaler weisser Pilz hervorkam. Das sieht alles andere als appetitlich aus, eher wie ein Unglücksfall, aber für den Pilz ist alles in bester Ordnung: so verbreitet er seine Sporen.
Bei dem, was Menschen im Allgemeinen einen „Pilz“ nennen, handelt es sich nur um einen Fruchtkörper, den das ausgedehnte, zartfädige Mycel im Boden zu diesem Zweck an die Oberfläche schickt, um sich auch an anderen Stellen zu vermehren. Wer Pilze gern isst, sollte also auch welche stehenlassen.
Bei mir im Garten gedeihen Schopftintlinge im Rasen, trotzdem ist es etwas mühsam, die Erde von den zerbrechlichen Hüten zu putzen. Ich esse sie gern als schnelle kleine, herbstliche Mahlzeit in der Pfanne gebraten, mit frischen Kräutern und auf einer Scheibe geröstetem Landbrot.
(257 Worte)
Ich bewundere sie immer, die Schopftintlinge (allein der Name), aber informiert habe ich mich nie über sie – eine Wissenslücke, die du jetzt auf das Schönste geschlossen hast. Vielen Dank dafür!!!
Morgenkaffeefeiertagsgruß 😁☁️☕🥐👍
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Freut mich, dass es in die Lücke gepasst hat.
Knappschonmittagskaffee geht auch zum Grüssen 🙂
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Traue ich mir nicht zu essen 🙀
Ich traue mich nur an Sachen mit schwämmchen unterm Hut ran. Und perlpilz und Champignon.
Wobei, da habe ich letztens im Fernsehen einen Bericht gesehen:
Ein Pärchen hatte auf der eigenen Wiese Champignons geerntet. Hatte sich ein grüner knollenblätterpilz zwischen gemogelt 🙀
Der war einfach zwischen den Champignons gewachsen 🙀
Die beiden haben es überlebt. Aber nur knapp.
Meines Wissens nach sind grüne knollenblätterpilze immer tödlich. Nach 10 Tagen … 🙀
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Gucken muss man immer. Die Schwämmchenregel kann auch ihre Tücken haben. Also nicht „alles was …“ nehmen.
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Da gibts so einen Röhrling. Satansröhrling heißt der, glaube ich …
Der reagiert auf Druck mit rosa farbanlauf. Meinst du den?
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Ja, vor allem der.
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Wunderbar, wie sie zerlaufen. Für mich zeigen sie die Vergänglichkeit viel deutlicher als die Kirschblüte der Japaner.
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Ein schöner Vergleich, jeweils. Vielleicht sollte man mal damit eine Tusche-Kalligraphie als meditativ-poetisches Bindeglied versuchen.
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Prima Idee. Vielleicht kann man den zerlaufenden Pilz selbst dafür verwenden, schließlich heißt er Tintling.
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Ja, genau das meine ich. 🙂
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toller text und sehr informativ. super!
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Schön, das freut mich.
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