Hier ist meine 2. ABC-Etüde zur neuen Schreibeinladung für die Textwochen 45.46.20 | Wortspende von Kain Schreiber | Irgendwas ist immer, ausgehend von der Etüdenbändigerin Christiane.
Die Wörter stiftete Kain Schreiber / Blog ‚Gedankenflut‘: Nachtlicht, lieblich, teilen, 3 Begriffe für maximal 300 Wörter, Inhaltshinweise und Überschrift nicht mitgezählt.
Katergesänge
Eine laue Nacht im Venedig zur Zeit der Serenaden.
Man hört das leise Geklimper von probehalber angeschlagenen Lautensaiten und unterdrücktes Räuspern.Sicher ist das wieder einer, der unter einem Fenster versucht, sich einer Dame angenehm zu machen, denkt Katze Gina, dabei können Menschen, gemessen an den kätzischen Fähigkeiten in dieser Hinsicht, nicht besonders gut singen.
Weil die Stille der Nacht aber ohnehin gestört ist und sich die Mäuse wahrscheinlich in ihren Verstecken die Ohren zuhalten statt umher zu huschen, setzt sich die schwarze Katze auf dem Dachfirst zurecht, legt den Schwanz in zierlicher Schlinge um ihre Pfoten und lauscht den Geschehnissen.
„Auf Seide lieblich lagernd
sollst du mein Nachtlicht sein,
schimmernd wie Pelz und Perlen,
so hold im Mondenschein …“ singt der Mann.Nicht mal schlecht, denkt Gina und beobachtet die sachte Bewegung hinter dem Fenster im Haus gegenüber, Komplimente zum Fell sind immer gut. Sie folgt dem Impuls, sich zu putzen.
„Lass mich nur …“ fleht der Sänger weiter,
“ … wie das Mondlicht sein
und zärtlich auf dir liegen, …“Oh, das wird nicht gutgehen! Gina weiss durch ihre nächtlichen Beobachtungen genau, dass die Dame hinter den Läden dieses Fensters zwar hinsichtlich der Melodieführung weniger anspruchsvoll ist als eine Katze, aber bei falschen Umgangsformen teilen sie dieselbe Ansicht, nämlich dass unerwünschte Kater deutliche Zeichen brauchen.
Mal sehen, wie weit er noch kommt, denkt sich die Katze und lauscht weiter dem Verlauf des Ständchens.
„Wie eine Gondel dich zu führen,
im Wellengang zu wiegen,
mein Ruder – …“Klirrend trifft Keramik den Holzkorpus der Laute und beides kracht miteinander auf das Pflaster, um dort zu bersten. Man hört einen überraschten Fluch.
Das Nachtgeschirr war vermutlich nicht leer, so ahnte Gina ohne hinzusehen. Sie lauschte nur den unterdrückten Flüchen des verhinderten „Gondoliere der Liebe“ und seinen durch die Gasse davoneilenden Schritten.
300 Wörter
Ich halte den fliegenden Nachttopf eindeutig für beeinflusst von Werners Notdurft-Etüde 😉 😉
Dass Kater, die sich für die Ohren ihrer Damen nicht gewählt auszudrücken fähig sind, paar hinter die Löffel brauchen, halte ich dagegen für so verbreitet wie fragwürdig: Lernen sie’s dadurch? 😉 Ich wage zu zweifeln …
Danke, ich musste sehr grinsen.
Abendgrüße 😀
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Das denke ich auch, dass Werners Etüde den Nachttopfwurf heraufbeschworen hat. Erst unter dem Einfluss hat sich meine Idee vom schmalzig-forschen Sänger zu einer Geschichte formen lassen.
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Habe nicht geahnt, dass sie Dich doch so beeindruckt hat!
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Man könnte sagen, es hatte wahrscheinlich gedanklich befreiende Wirkung.
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Ach, liebe Christiane, fast könnte man von Nachhaltigkeit reden …grins und Danke!
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Sehr lustige Geschichte! wunderbar!
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Dankeschön! Freut mich, dass es gerade dir auchgefällt, als Wortspender.
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ich freue mich immer über die vielen schönen verschiedenen ansätze; dass die Wortspende dieses mal von mir sein durfte, ist nicht bedeutend.
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Toll, diese Kombination aus Minnesang und begleitendem Text. Hut ab, kann ich da nur sagen!
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Danke für die Blumen 🙂
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großartig! Ich habe mich schon immer gefragt was die Katzen über uns denken…wunderbar geschrieben, ich hatte sofort einen Film im Kopf!
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Das freut mich, wenn du es auch szenisch „gesehen hast“, vielen Dank!
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