Schneeverwitterchen – Schreibeinladung für die Textwochen 39.40.20 | Wortspende von kommunikatz

Mein dritter Text zur Schreibeinladung für die Textwochen 39.40.20 | Wortspende von kommunikatz ‹ Irgendwas ist immer mit Leas Begriffen: Pilzetraurigschlafen für eine Etüde von maximal 300 Wörtern, ohne Hinweise und die Überschrift mitzuzählen.

zur Schreibeinladung für die Textwochen 39.40.20 | Wortspende von kommunikatz ‹ Irgendwas ist immer mit Leas Begriffen: Pilze – traurig – schlafen

 

Schneeverwitterchen

Heinz war ihr so böse, erinnerte sie sich, denn er hing an den hässlichen, bunten Dingern, badete sie sogar einmal wöchentlich und sprach dabei leise mit ihnen.
Jahr für Jahr verteilte er die Figuren im Frühling im Garten, im Herbst wurden sie wieder hereingebracht, sorgfältig gewaschen und standen den ganzen langen Winter über in der Wohnung herum und noch mehr im Wege, als den Sommer über im Garten.

Klaras Geduld wurde durch die wachsende Sammlung immer mehr auf die Probe gestellt, denn Heinzens Leidenschaft wurde bei allen denkbaren Anlässen durch Geschenke von Freunden und Bekannten unterstützt und wuchs im Ruhestand sogar noch an, denn er durchforstete nun, wo er den ganzen Tag Zeit hatte, ständig Flohmärkte und Internetbörsen nach alten Stücken: “Beseelt” seien nämlich nur die Keramikzwerge, nicht der Kunststoffplunder, sagte er immer.

Als Heinz im letzten Herbst seine Lieblinge hereinholte, bevor der Frost ihnen etwas antun konnte, und er anfing, sie auch im einzigen Raum zu verteilen, den Klara bisher erfolgreich verteidigt hatte, wurde es ihr zuviel.

Wie sollte man da noch schlafen können, hatte sie sich aufgeregt, sie wolle nicht auch noch neben ihrem Bett umgeben sein von hässlichen, abgeblätterten alten Kerlen, die mit Angeln und Laternen auf Pilzen herumhockten und grinsten, als hätten sie zuviel Fliegenpilz genascht, sie sei schliesslich nicht Schneewittchen. Heinz konterte: „… eher Schneeverwitterchen“ und daraufhin redeten sie tagelang nicht mehr miteinander, leider. Es konnte ja niemand ahnen, wie es kommen würde, dachte Klara traurig.

Nach Monaten des Wartens wurde vorige Woche der Stein endlich fertig, Klara konnte die Grabfläche davor mit einer hübschen Bepflanzung versehen, an die sie nun letzte Hand anlegte.
Weil die Friedhofsverwaltung auf Nachfrage keine Einwände erhob, konnte ihr Heinz nun die Gesellschaft bekommen, die er am liebsten hatte. Sorgfältig rückte Klara leise lächelnd die Figuren zwischen den Pflanzen zurecht.

(300 Wörter)

 

30 Gedanken zu “Schneeverwitterchen – Schreibeinladung für die Textwochen 39.40.20 | Wortspende von kommunikatz

  1. Sehr schön! Wobei ich irgendwie ein Verständnisproblem mit dem Übergang habe, wo er dann plötzlich tot ist. Das mag aber der späten Stunde und meiner Müdigkeit geschuldet sein. Jedenfalls sehr gut geschrieben, die Personen und die Art, wie sie leben, sind sofort greifbar.

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  2. Den überaus gemeinen Ausdruck Schneeverwitterchen möchte ich hervotheben. Er ist also nicht nur ein Gartenzwergfreak sondern hat auch einen Hang zum Zynismus. Du hast die Situatipn so realistisch beschrieben, dass er mir richtig unsympathisch ist

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