Intermezzo – mehr über KOK Abendrot mit B, eine weitere ABC-Etüde zu den Textwochen 10 bis 14 ’24

Die Wortspende zu Christianes > Schreibeinladung für die Textwochen 10 bis 14 ’24 stammt immernoch von mir: Abendbrot, heimatlos, auszeichnen – die 3 Begriffe sind wieder in einen Text von bis zu 300 Wörtern zu verpacken, wobei weder Erklärungen oder die Überschrift mitgezählt werden müssen.

Intermezzo – mehr über KOK Abendrot mit B

Kriminaloberkommissar Abendrot war empfindlich hinsichtlich seines Namens. Dass Witzbolden gefiel, ihn mit „Abendbrot“ zu provozieren, widerfuhr ihm schon seit der Schulzeit. Wenn er an die Hänseleien im Umkleideraum der Turnhalle erinnert wurde, als die Jungen nach den Genitalien ihrer Kameraden schielten und entsprechend witzelten, ballte er unwillkürlich die Fäuste.

Damals war Mobbing noch kein Thema. Der Vater sagte, er sollte demjenigen eine „schmieren“ oder „aufstreichen“, damit der wüsste, mit welcher Sorte Abendbrot man zu tun bekam, er habe das auch so gemacht.
Doch statt zu raufen, trainierte er lieber, was ihm mehr Selbstbewusstsein und Anerkennung einbrachte und schliesslich auch die sportlich notwendige Befähigung für den Aufnahmetest zur Polizei. Es hatte am Ende doch sein Gutes, sagte sein Vater. Zu widersprechen war sinnlos.

Während der Ausbildung lernte er seine spätere Frau kennen, und als beide in den späten Dreissigern waren, gründeten sie nach elf Jahren Beziehung eine Familie. Eine Tochter kam zur Welt und weil Bundesbedienstete gern gesehene Kreditnehmer waren, erwarb man ein Fertighaus in Ausbaustufe, mit viel Eigenleistung.

Bis sie damit fertig waren und eingezogen, hatte auch ihre Ehe emotional ein Ende. Man wohnte zwar gemeinsam, doch an Feiertagen wie diese Ostern, wenn seine Frau mit der Tochter ihre Eltern besuchte, fühlte er sich in seinen vier Wänden verloren und heimatlos.

Der Fernseher vertrieb die Stille.

Kriminaloberkommissar Abendrot mochte trotz besserer Kenntnis der Realität, oder gerade deswegen, richtig alte Krimis, die sich durch angenehme Eindeutigkeiten auszeichneten: Die Guten waren unschuldig und die Bösen unsympathisch.
Wanderten seine Gedanken dennoch zu einem seiner gegenwärtigen Fälle, dann auf eine entspannte, ungezwungene Weise.

Gerade kam ihm der neue Fall in den Sinn. Die Frau liess ihren Mann stehen und fuhr mit dem Auto davon – das passte, wie er Gisbert Ochmeyer einschätzte. Nur wohin wollte sie stattdessen und warum endete die Fahrt im Kanal?

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