Auf der anderen Seite des Dunklen Tors ( am 2. Tag in Gent)

Im > im vorigen Artikel habe ich schon die Beziehung zwischen der Bronzefigur des Stroppendragers vor dem ‚Dunklen Tor‘ und dem Denkmal des Kaiser Karl V. auf dem Prinsenhofplein erwähnt, das auf der anderen Seite des Donkre Poort steht.
Auf meinem Weg vom Lieve-Kanal über die Sint-Antoniusbrug beim Rabot durch das Tor Richtung Stadtmitte habe ich es fotografiert (siehe Bild rechts). 1966 bekam Gent diese Bronze-Kopie einer von Leone Leoni und Pompeo Leoni ca. 1553 geschaffene Skulptur von der spanischen Stadt Toledo geschenkt, deren marmornes > Original sich im Madrider Prado befindet. Die Kopie steht auf dem von Häusern umgebenen, mit Bäumen bestandenen Platz, die einen Teil des ehemaligen Prinzenhof-Areals einnehmen, dem Prinsenhofplein.
Die Häuser fand ich zu modern, um einen passenden Hintergrund abzugeben, darum habe ich das Monument des Kaisers lieber von der Seite fotografiert. So ist auch besser erkennbar, wie der kriegerisch in eine Rüstung „alla romana“ und einen stoffreichen Umhang gekleidete Kaiser seinen Fuss beherrschend auf die wie eine Medusen-Maske geformte Rüstungs-Achselplatte eines Besiegten gestellt hat, während er mit einem Langschwert posiert:
2015-08-22 2_Gent_5 Prinsenhof (33) Kaiser Karl V - Monument
Karl war 1500 als Sohn Philipps von Habsburg „des Schönen“ und Johanna von Kastilien (nach dem Tod Philipps mit dem Beinamen „die Wahnsinnige“, geboren in Toledo) im Hof ten Walle, dem Prinsenhof in Gent geboren worden und lebte dort bis zum 17. Lebensjahr, während seine Eltern sich seit 1502 wegen der Erbfolgeangelegenheiten in Spanien aufhielten, wo sein Vater 1506 starb.
Nach dem Tod Philipps übernahm Ferdinand II. von Aragón bis zu seinem eigenen Tod 1516 die Regentschaft anstelle der Witwe, seiner für wahnsinnig erklärten Tochter Johanna, welche die kastilische Königswürde ihrer Mutter geerbt hatte und ihn entmachtet hatte, aber so im Kloster Tordesillas / Valladolid verwahrt wurde.
Der schon 1515 in Burgund vorzeitig mit 15 Jahren für volljährig und herrschaftsfähig erklärte, nicht ganz 17jährige Karl reiste nach Spanien, um sein Erbe anzutreten, auch wenn der spanische Hochadel seinen drei Jahre jüngeren, bei Madrid geborenen Bruder Ferdinand bevorzugt hätte.
Den schickte Karl in die Niederlande, aber er musste für die Huldigung der kastilischen und aragonesischen Stände Zugeständnisse machen, wie Ämter nur mit Spaniern zu besetzen, Spanisch zu lernen, bald zu heiraten und kein Gold ins Ausland zu schaffen. Weil er dieses letztere Versprechen nicht einhalten mochte, führte dies 1520/22 zum > Comuneros-Aufstand, weil die kastilischen Städte nach Trockenheit und Missernten gegen die Steuererhöhungen zur Finanzierung seiner Kriegs- und Welteroberungspläne Widerstand leisteten. Weil Karl V., mittlerweile Kaiser, diese Rebellion auf eine ebenso rigide Art und Weise beendete, wie den Genter Aufstand 1539/40, könnte sich die spanische Stadt Toledo dem flandrischen Gent deshalb verbunden fühlen, nicht nur wegen des gemeinsamen Herrschers, der später Toledo zu seiner Lieblingsstadt gewählt hatte.

Vielleicht wollte man aber auch nur freundlich an die lange Geschichte der europäischen Verbundenheit über die Habsburger anknüpfen, denn 1966 war das Jahr, in dem – vier Jahre nach Antragstellung auf ein Assoziationsabkommens mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durch das isolierte Spanien unter General Franco – endlich die Verhandlungen über einen solchen Abschluss aufgenommen worden sind. Belgien war damals einer der 6 EWG-Mitgliedsstaaten (bis 1972: Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande und die Bundesrepublik Deutschland).
Das Foto ist am Vormittag des 22. August 2015 am Prinsenhofplein in Gent, Belgien gemacht – zum Vergrössern bitte anklicken.

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3 Gedanken zu “Auf der anderen Seite des Dunklen Tors ( am 2. Tag in Gent)

    • Und im personenabhängigen Hergang in geradezu erschreckender Weise willkürlich … ich habe die Geschichte Karls V. und seiner nur angeblich „wahnsinnigen“ Mutter schon im Zusammenhang mit der Geschichte Barcelonas bzw. Kataloniens nachgelesen, aber hier in Gent haben sich die Anschlüsse zur modernen Geschichte an der Begegnung mit dieser geschenkten Plastik noch verdeutlicht.

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