For-sü-ti-äh! zur Schreibeinladung für die Textwochen 12.13.20

Ausgehend von Christianes Blog Irgendwas ist immer gibt es derzeit eine > Schreibeinladung für die Textwochen 12.13.20

Dies ist meine zweite Etüde zur Wortspende von Elke H. Speidel, die lauten: Forsythienlächerlicherfrieren; die drei gegebenen Begriffe müssen in einem Text von maximal 300 Wörtern eingebaut werden, wobei Inhaltshinweise und die Überschrift nicht zum Text zählen. Am allgegenwärtigen Thema „Corona“ vorbeizuschreiben habe ich diesmal gar nicht erst versucht, aber mein Umgang damit ist weniger schreckensfixiert als praktisch orientiert.

For-sü-ti-äh!

> Zuhause bleiben wegen eines neuen Virus, lächerlich winzig und doch so bösartig – das war eine ungewohnte Ausnahmesituation, so ähnlich wie in verregneten Ferien, wenn die Freunde und Verwandten woanders waren, nur unheimlicher.
Die Familie spielte Gesellschaftsspiele gegen die Langeweile, aber „Mensch-ärgere-dich-nicht“ hatten sie bereits weggeräumt, weil immer derselbe die Würfelsechser hatte, während andere kaum aus dem Häuschen kamen.
Bei „Mikado“ sprang die Katze auf den Tisch, wenn es darauf ankam, oder der Hund kratzte sich unter dem Tisch. Vielleicht hatte er draussen wieder den verflohten Igel getroffen.

„Stadt-Land-Fluss“ spielten die Grosseltern via Webcam mit. Wegen der Gefahr, ihnen nichtsahnend das Virus mitzubringen, konnten sie bis auf Weiteres nicht besucht werden. Oma war an der Reihe. Name, Tier und Beruf mit F hatte sie schon von ihrem Zettel vorgelesen, fehlten noch Pflanze, Star und Süssigkeit.
Forsythie,“ sagte sie, “heisst meine Pflanze.”
Max, der Zehnjährige, fragte: „Hääh?“ mit ganz langem Ä.

„For-sü-ti-äh,“ wiederholte Oma. „Den Strauch mit den gelben Blüten in unserem Vorgarten hast du bestimmt gesehen, als ihr uns gestern den Einkaufskorb vor die Tür gestellt habt?“
„Ich weiss es!“ Finchen schnippste ihrem grossen Bruder seitlich gegen Arm, weil sie wusste, dass er sich dann ärgerte, und das war nur gerecht, weil er sie vorher beim „Mensch-ärgere-dich-nicht“ so gemein hinausgeworfen und beim Mikado andauernd ausgelacht hatte.

Mama sagte schnell: „Hoffentlich erfrieren die Blüten nicht, wenn jetzt die Nächte so kalt werden! Er sieht so schön aus.“
„Hoffentlich,“ sagte Oma. „Als Star habe ich Frank Sinatra und als Süssigkeit Fondanteier! Die kleinen Spiegeleier aus Zucker, mit Schokolade drunter.“

„Bin gespannt, ob wir zu Ostern wieder zusammensitzen können!“ warf Opa ein.
„Wenn alle vernünftig sind und sich an die Abstandsregeln halten, damit die Leute nicht mehr so schnell krank werden, wer weiss?“ Papa lehnte sich vor. „Was ist mit deinen Fs?“

300 Wörter

 

Ich wünsche allen einen guten Start in die sicherlich in mancher Hinsicht ungewohnte und herausfordernde Woche.

21 Gedanken zu “For-sü-ti-äh! zur Schreibeinladung für die Textwochen 12.13.20

  1. Fondanteier hießen die!
    Ich kann mich da beim Krämer sehen, wo ich wählte zwischen denen und den Lutschstangen oder anderem. Von Oma hat es einen Zehner gegeben, aber vielleicht nur 5x, mehr traute ich mich nicht, bei Oma zu bitten.
    Da war ich viel zu schüchtern, gut erzogen.

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      • Zehn Pfennig!
        Stimmt, man konnte etwas changieren.
        Ich nahm gerne diese Stängchen, glaube ich.

        Damals gab es daneben eine Gasse, da verkaufte eine alte Frau Eis (die bekannten drei Sorten). Das war etwas später, aber sie tat es bis in ihre Neunziger hinein.

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  2. Ich steh ja auch auf Fondanteier, ich oute mich jetzt mal. Baaah, da hast du mir jetzt aber was in den Kopf gesetzt …
    Wie wunderbar, wenn Oma und Opa skypen können oder wissen, wie man über WhatsApp einen Videoanruf tätigt. Ich musste bei deiner Beschreibung der Runde schon sehr grinsen, das kommt mir sehr bekannt vor. Was ich mich frage, ist, ob es Zahlen gibt, wie das mit der Computer- und Internetnutzung der Generation 65+ aussieht. Ich kann mir ein Leben ohne Computer schon lange Jahre nicht mehr vorstellen, aber ich kenne Leute, die keinen haben und auch mit ihrem Handy nicht besonders umgehen können …
    Liebe Grüße
    Christiane

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    • Danke, Christiane!
      Die Fondanteier hamstert bestimmt keiner, also beim nächsten Einkauf ins Körbchen 🙂

      Aus eigenem Wissen oder Hörensagen im Bekanntenkreis sind manche mit 80 ganz flott dran und andere mit unter sechzig kommen in den Tüdel.

      Laut Auskunft auf einer Webseite des Statistischen Bundesamtes zum Mikrozensus (rd. 1% der Bevölkerung in Deutschland) vom September 2019 nutzten 70% der Befragten 65plus ihren Computer jeden oder fast jeden Tag, 21% mindestens 1x / Woche , 8% weniger als das. > Link dazu

      Vielleicht haben einige von denen, die es bisher Unerfahrenen erklären könnten, jetzt mehr Zeit dazu und der eine oder andere ist bereiter, es doch zu versuchen.
      Es wird ja immer einfacher.

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  3. Ja, die gute alte Zeit mit Fondanteiern. Kann ich mich auch noch erinnern, obwohl Brausepulver waren mir lieber und am allerliebsten Salmiakpastillen vom Handrücken geleckt oder oberlieblingsherrlich die Nappos!
    Schöne Erinnerungen hast Du da geweckt. Und so ein halb-virtueller Spiele-Nachmittag übers Internet: toll!

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    • Danke, Werner!

      Man könnte bestimmt einiges von den altmodischen Zeitvertreiben mit den Möglichkeiten des Webs modifizieren.

      Salinos werfe ich auch noch mit zu dem süssen Erinnerungshaufen 🙂

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  4. Stadt-Land-Fluss per Videostream – coole Idee. Und ich habe gerade ganz unbändige Lust darauf bekommen 🙂
    Fontanteier – wenn ich mich recht erinnere, mag ich die nicht soooo sehr. Aber vielleicht verwechsele ich das jetzt auch.
    Liebe Grüße
    Ines

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  5. Das ist ein Artikel mit doppeltem zeitgeschichtlichen Wert (erste Corona-Welle und Naschzeug der Kindheit).
    Für uns als Kinder war Waffelbruch das Größte; dürfte man heute sicher aus lebensmittel-hygienischen Gründen gar nicht mehr verkaufen ..

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